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Dato Barbakadse liest aus Das Dreieck der Kraniche. Gedichte, mit einem Vorwort von Uli Rothfuss. Aus dem Georgischen von Steffi Chotiwari-Jünger. ISBN: 978-3-937139-38-8 Preis: 12,60 Euro. 

   

arbeit am gesamtpoetischen projekt

dato barbakadse - ein dichter wie sein land

dieser dichter ist wie sein land, georgien: immer wieder überraschungen bergend, von einer berauschenden vielfalt, die sich auch bei der wiederholten begegnung nicht sofort erschließt, ein land mit einer sprache, die es sonst nirgends auf der welt gibt, auch nicht in verwandtschaftlichen formen; ein land mit sonderstellung, europäisch und doch östlich, orientalisch und doch irgendwie europäisch; und hier tritt vor uns: ein dichter mit einer besonderen dichterischen stimme, mit der man sich beschäftigen muss, wieder und wieder, wenn man sie andeutungsweise verstehen möchte; kein dichter der massenware also.

dato barbakadse ist ein genauester beobachter, der das menschliche bewusstsein austariert und den prozess, wie er sagt, der „allmählichen befreiung von der aggressiven einstellung zu den dingen" observiert und beschreibt. der dichter ist dabei ein beobachter seiner selbst, er macht sich zum gegenstand der observation von veränderungen. im kern steht er damit in der tradition der deutschen romantik, der aussage von novalis in seinen blütenstaub-fragmenten (1798): „jeder mensch ist eine kleine gesellschaft"; oder: „je bunteres leben, desto besser."

für dato barbakadse ist schreiben vor allem arbeit an ver-knüpfungen, an der verbindung von unterschiedlichem; so fasst er jede arbeit am text als arbeit am gesamtpoetischen projekt auf, genau so wie er es in seinem gedicht schreibt: „sondern sie sind in einem für sie unbekannten gesetz/ ... jeder ist in seiner ständigen bewegung ...", oder: „ich sehe die unsichtbare ordnung dieses gesichts, welches oft/ lediglich als eine einzige unsichtbare frage existiert/ ... durch die lösung der ineinander aufbewahrten und vergessenenen tausendfachen eigenen einsamkeit,/ durch lesen und stilles begreifen." lesen und begreifen als eine der grund-voraussetzungen dichterischen tuns, das einordnen des gelesenen und des erlebten, gesehenen in das eigene begreifen.

dabei spielen metaphysische denkmodelle für dato barbakadse eine große rolle – ergebnisse seiner philosophischen lehrtätigkeit in den 90er jahren an hochschulen georgiens, seiner beschäftigung mit geschichts- und religionsphilosophischen schriften, mit ästhetik und logik. so findet er eine „grammatisch-sexuelle dimension" der sprache, und die poesie erlaubt ihm, in eine erotische urzeit zurückzugelangen, in einen zustand quasi der ur-sprache.

diese arbeit von dato barbakadse ist nicht nur als die arbeit am einzelnen gedicht zu verstehen, sondern jedes weiterschreiben ist für ihn ein weiterarbeiten am gesamtpoetischen korpus. das einzelne gedicht wird so zum fragment des ganzen.

damit ist dato barbakadse aber – im heutigen georgien selten genug - zweifellos ein bedeutender zeitgenössischer vertreter der europäischen poesie, einerseits ganz in der tradition großer georgischer dichter, andererseits zukunftsgerichtet, und dies in einer zeitgeschichtlichen phase der verwirrung, der neuen orientierun-gen in seinem land und in der literatur des landes. nur vordergründig liest sich seine poesie kompliziert, scheinen vielfältige und immens tiefgründige textebenen auf, die auch nur scheinbar vielschichtige philosophische und literaturhistorische kenntnisse voraussetzen. ein kennzeichen der poesie barbakadses ist, dass sie trotz allem „verständlich" bleibt, dass – und das macht wirkliche poesie aus – sie auch auf unterschiedlichen ebenen verstanden werden kann. das birgt einen immensen reiz, der beim lesen zu inneren, gedanklichen diskussionen anregt.

dato barbakadses schaffen ist gepraegt von einer grossen belesenheit des autors – nicht als konsumierender, sondern als aktiver leser, der sich kenntnisse anliest, sie einbaut in sein eigenes poetisches weltbild, das so beeinflusst wird: von den großen denkern der orthodoxie wie johannes von damaskus, johannes goldmund und bassili dem großen, wie auch von den vertretern der klassischen griechischen und deutschen philosophien. auch elemente der auf die metaphysik orientierten intellektuellen literarischen tradition, der radikalen avantgardistischen praxis sowie des modernen, sozialen und ästhetischen linksprotests der europäischen 60er jahre scheinen auf, des georgischen hagiographischen und hymnographischen schrifttums, und natürlich des schaffens der georgischen klassiker von vaja pshavela über david kldiashvili bis michael javakhisvhili.

elemente all dieser beschäftigung finden sich zusammen in dato barbakadses poesie, mit der er seine sicht von welt baut. dieser gedichtband steht als kleines ganzes in seinem schaffen und gleichzeitig als fragment des großen ganzen seines gesamtwerks.

calw, im september 2007

Uli Rothfuss

 

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