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Dato Barbakadse (geb. 1966) – georgischer Schriftsteller, Essayist und Übersetzer. Diplomstudium der Philosophie und Psychologie an der Staatlichen Universität Tbilissi, 1992-1994: Dissertand der Soziologie an der SUT. 1991-2001: Dozenturen an verschiedenen Hochschulen in Tbilissi; 2002-2005 als freier Schriftsteller Aufenthalt in Deutschland, nebenbei Studium der Philosophie, Soziologie und Alten Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster. 2005 Gründung und Leitung des Buchreiheprojekts Österreichische Lyrik des 20. Jahrhunderts in dreißig Bänden. Es sind bis heute über zwanzig Bücher von ihm in der georgischen Sprache erschienen, darunter acht poetische Sammlungen. Seit 2006 ist er als Projektkoordinator für Literatur im Rahmen der School Computerization Program im Ministerium für Bildung und Wissenschaft Georgiens tätig. 

Im Pop Verlag:

Dato Barbakadse: Das Dreieck der Kraniche. Gedichte, mit einem Vorwort von Uli Rothfuss. Aus dem Georgischen von Steffi Chotiwari-Jünger. ISBN: 978-3-937139-38-8 Preis: 12,60 Euro. 

 

Über Dato Barbakadse:

 

 

oe1.ORF.at 07:00Uhr, Mi, 03.12.2008

Dato Barbakadse zu Gast in Wien

Audio
Länge: 2:54 min
Ö1 Morgenjournal - Kristina Pfoser
"Wozu die reale Welt?", fragt Dato Barbakadse in einem Essay, den er als "Brief aus Tiflis" in den Westen geschickt hat. Kurz nach dem Einmarsch der russischen Truppen im August ist er geflohen - in die virtuelle Welt. "In diesen Tagen im August war ich nur daran interessiert, die Materialien meines österreichischen Projektes möglichst schnell im Internet zu speichern, das heißt in der virtuellen Welt zu verstecken", schreibt Dato Barbakadse. Das österreichische Projekt - das ist eine Buchreihe mit Übersetzungen österreichischer Lyrik, angelegt auf 30 Bände, von denen sechs bereits erschienen sind.

"Wir gehören zum Abendland"
Dato Barbakadse orientiert sich an der europäischen Literatur, vor allem an Trakl, den er ebenso übertragen hat wie Paul Celan oder Hans Magnus Enzensberger. "Wir gehören zum Abendland", betont er - aber: "Innerlich sind wir nicht frei."

1966 in Tiflis geboren, hat Dato Barbakadse Philosophie und Soziologie studiert, er hat mehrere Literaturzeitschriften gegründet und lebt heute als freier Schriftsteller und Übersetzer. Mit dem Stil der offiziellen, ideologisierten Sowjetliteratur ließ sich finanziell gut leben, sagt er, mit einer neuen Literatur, die die Integration in den europäisch-amerikanischen Kulturraum sucht, ist das bis heute nicht gelungen.

"Russland sucht Sklaven"
Dato Barbakadse gilt als scharfer Kritiker seines Landes, wenn es um den Erzfeind Russland geht, ist er um eine differenziere Sicht bemüht. "Russland sucht immer Sklaven und nicht Freunde", sagt Dato Barbakadse, "diese Erfahrung ist uns gut bekannt. Ich bin Schriftsteller und ich kenne die russische Kultur sehr gut, ich spreche fließend Russisch und die russische Literatur ist für mich sehr wichtig. Wir wissen sehr gut, was Russland für uns gemacht hat, aber die Russen sollten auch wissen, was wir für sie getan haben."

Bei Drava und im Ludwigsburger Pop Verlag sind Bücher von Dato Barbakadse in deutscher Übersetzung erschienen.

 

Über Dato Babarkadse, SATT ORG; Nov. 2008  

Dato Barbakadse: Das Dreieck der Kraniche

von Dominik Irtenkauf veröffentlicht in satt.org - das Onlinefeuilleton

Der aktive Leser

Ein Portrait des Autors Dato Barbakadse

Dato Barbakadse, Jahrgang 1966, pendelt häufig zwischen seiner georgischen Heimat (in deren Hauptstadt Tbilissi er mit seiner Familie lebt) und mitteleuropäischen Orten; die Reisen werden ihm durch Stipendien ermöglicht. Ein Flugticket aus Georgien (auch ohne Rückflug) ist für den Großteil der georgischen Bevölkerung zu teuer, ein Visum für EU-Länder erhält man nicht so einfach. Barbakadse hat in dieser Hinsicht Glück – er erhält Einladungen von Verantwortlichen im Bereich der Kultur und in manchen Situationen setzten sich seine Mentoren aus Europa für die Erlangung eines Visums ein.

Barbakadse verfolgt seit einigen Jahren ein ehrgeiziges internationales Übersetzungsprojekt: Ausgewählte österreichische Lyrik soll ins Georgische übersetzt werden. Hierfür mobilisiert Barbakadse viele Übersetzer aus Georgien. An dieser Stelle sollte sich der interessierte Leser nochmals die Größe des Landes in Erinnerung rufen: in Georgien selbst wohnen ungefähr 4 bis 5 Millionen Menschen. Wenn ein Buch die Auflage von 1.000 Stück erreicht, handelt es sich in heutigen Zeiten um einen Bestseller. In Sowjetzeiten sah das noch anders aus: Klassiker wie Konstantine Gamsachurdia (dessen Sohn, Swiad Gamsachurdia, der erste postsowjetische Präsident Georgiens war) oder Otar Tschiladse wurden in 10.000er-Auflagen verlegt.

Dato Barbakadse nimmt sich der österreichischen Literaturgeschichte in dreißig Bänden an; die Übersetzungen in seine Muttersprache werden von ausführlichen Essays und Einführungen begleitet. Gerade jetzt im November 2008 hält sich Barbakadse wieder in Wien auf, um diesem Projekt vor Ort nachgehen zu können. Dieses Jahr erscheint noch eine deutschsprachige Edition seiner Gedichte und Prosa bei einem österreichischen Verlag. Interessanterweise unterhält Österreich in der Republik Georgien keine Botschaft, und so werden die konsularischen Aufgaben von der Botschaft der Ukraine wahrgenommen. Oftmals muß in Kiew persönlich vorgesprochen werden; der Flug will natürlich auch bezahlt sein. Trotz dieser Schwierigkeiten, als georgischer Staatsbürger nach Österreich zu gelangen, arbeitet Barbakadse bereits an den nächsten Bänden des Großprojekts.

Er tritt nicht nur als Herausgeber der österreichischen Lyrik in seinem Heimatland Georgien auf, er schreibt selbst Literatur und hat dieses Jahr mit seiner Frau einen eigenen Verlag gegründet. Seine Gedichte sind vergangenes Jahr im Pop Verlag aus Ludwigsburg zum ersten Mal auf Deutsch erschienen. Seine Übersetzungsarbeit hat nun auch für seine eigenen Werke Früchte getragen. Übersetzt wurden seine Werke von der Berliner Kaukasiologin Steffi Chotiwari-Jünger, die für ihre Übersetzungen aus dem Russischen und Georgischen bekannt ist (sie kann u.a. Publikationen zu Dshawachischwili, Gamsachurdia, Dumbadse und Robakidse vorweisen; allesamt Schriftsteller, die im deutschsprachigen Raum kaum oder gar nicht bekannt sind).

In dem Band „Das Dreieck der Kraniche“ geht Barbakadse der Frage nach Übersetzungsmöglichkeiten nach: Wie kann das Innenleben eines Menschen adäquat in welcher Sprache auch immer ausgedrückt werden? Seine theoretischen Schriften behandeln das Thema einer psychosexuellen Grammatik‘, die auf Positionen französischer Philosophie aufbaut, aber in der Lyrik in konkrete Situationen überführt wird:

„Ich lege meinen Körper in deine Arme.
Mein Körper legt sich an die Schwelle deines Atems.
Ich lege mich in deinen Armen um deinen Körper.
Mein Körper legt sich in deine Augen und deine Gedanken.
Dein Auge umschließt meinen Körper in deinen Armen.
Dein Körper legt sich zusammen mit meinem Körper auf die derbe Unterlage.“

Barbakadse arbeitet häufig mit Wort- oder auch Satzwiederholungen. Georgisch ist im im Gegensatz zum Französischen keine phonetisch homogen klingende Sprache. In französischer Lyrik gehen die Verse oft unmittelbar in eine musikalische Melodie über und der Klang der einzelnen Wörter geht ein wenig verloren (was natürlich nur einen rein subjektiven Eindruck darstellt). Das Georgische zeichnet sich vielmehr durch eine Reihe distinkter Laute aus, die für Europäer nur mit einiger Übung und unter Gefahr des Zungenbrechens artikulierbar sind. Barbakadse arbeitet mit dieser phonetischen Struktur und sicher geht ein wenig in den deutschen Übersetzungen von dieser Eigenheit der Sprache verloren. Andererseits gewinnt auf diese Weise seine Dichtung an Konturen.

Für die Dichtung des Georgiers ist seine eigene Übersetzungsarbeit aus dem Deutschen von nicht geringer Bedeutung. So übersetzte Dato Barbakadse bereits Paul Celan, Georg Trakl und Hans Magnus Enzensberger ins Georgische. Nach eigener Aussage dienten ihm diese Arbeiten zur Emanzipation von den genannten Dichtern. Übersetzung bedeutet für Barbakadse die Arbeit am unheimlich Vertrauten, an fremder Dichtung, die seine eigene zu überschatten droht. Bevor dies geschehen kann, nimmt er sich dieser Gefahr an und verwandelt sie in die eigene Muttersprache. In seinem Gedicht „Die Summe herauskristallisierter Wörter“ geht der Autor und Übersetzer diesem Prozeß nach: die Wörter spielen Fangen mit den Lesern. „Die Wörter verdichten sich, flocken / Und kehren zu uns als Erscheinungen, als Gegenstände / und als Berührungen zurück“. Diese Verdichtung ereignet sich in den einzelnen Gedichten insofern, als daß innere Vorgänge zur Sprache gebracht, sie (an-)faßbar gemacht werden. Barbakadse wählt hierfür zuweilen eine einfache Sprache, zum Beispiel wenn er das „Lied eines Mörders“ anstimmt.

Die Sprache Barbakadses bedient sich keineswegs ausgefallener Vokabeln, aber was die Lektüre stellenweise erschwert, ist die verschachtelte innere Logik der Aussagen. Hier zeigt sich seine philosophische als auch psychologische Ausbildung. Er lehrte mehrere Jahre am Geistlichen Seminar in Tbilissi Philosophie. Der Körper in allen möglichen Situationen und Konstellationen wird zum Thema der knapp 30 Gedichte gemacht. Nie aber tritt der Körper konkret aus den Versen hervor – er bleibt immer Motiv einer Sehnsucht, der Sehnsucht nach der Zeit, als die Krankheiten noch nicht waren und der Mensch noch nicht jeden seiner Schritte überdenken mußte:

„Was dieses, unser karges Sprechen auch immer betreffen mag,
Ich sehe die unsichtbare Ordnung dieses Gesichts,
welches oft
Lediglich als eine einzige unsichtbare Frage existiert,
Und diese Frage ist auch eine lange und mühevolle Reise zueinander –
Durch zahllose Träume oder Wünsche, oder im weißen,
gefrorenen Winter der Armut gegangen,
Durch die Lösung der ineinander aufbewahrten und vergessenen tausendfachen eigenen Einsamkeit,
Durch Lesen und stilles Begreifen.“

Barbakadse ist auch kulturpolitisch tätig: So richtete er im georgischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft ein Stipendienprogramm für ausländische Autoren ein, die drei Monate in Georgien ihren Projekten nachgehen können, die alle einen Bezug zum Land am Kaukasus aufweisen müssen. In dem Programm ist eine Übersetzung der dabei entstehenden Bücher in die Landessprache vorgesehen. Eine weitere Form der Übersetzung vom europäischen ans kaukasische Ufer. Uli Rothfuss schreibt im Vorwort zu Barbakadses Buch:

„dato barbakadses schaffen ist gepraegt von einer grossen belesenheit des autors – nicht als konsumierender, sondern als aktiver leser, der sich kenntnisse anliest, sie einbaut in sein eigenes poetisches weltbild, das so beeinflusst wird:
von den großen denkern der orthodoxie wie johannes von damaskus, johannes goldmund und bassili dem großen, wie auch von den vertretern der klassischen griechischen und deutschen philosophien. auch elemente der auf die metaphysik orientierten intellektuellen literarischen tradition, der radikalen avantgardistischen praxis sowie des modernen, sozialen und ästhetischen linksprotests der europäischen 60er jahre scheinen auf, des georgischen hagiographischen und hymnographischen schrifttums, und natürlich des schaffens der georgischen klassiker von vaja pshavela über david kldiashvili bis michael javakhishvili.“

Dem ist eigentlich nichts mehr hinzuzufügen, außer vielleicht: die Übersetzungen ans europäische Ufer werden sicher Fortsetzungen finden. Es ist ein ständiger Prozeß der Selbstvergewisserung. Im Titelgedicht der Sammlung wird dieser Fortgang des lyrischen Schaffens präzise in Worte gefaßt:

„Jeder ist
In seiner ständigen Bewegung,

In jedem Augenblick
Seinen wie einen See harten Spiegel zerbrechend.“


Dato Barbakadse:
Das Dreieck der Kraniche

Kaukasische Bibliothek Bd. 2
Pop Verlag 2007
Br., 80 S., 13.60 €
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