Vertriebener, Aussiedler, Ausgewandeter, Emigrant.
Welche Bezeichnung traf auf ihn zu? Diese
Frage stellt sich der Schriftsteller Johann Linz, als die Fügung von Zufällen
dazu führt, daß er 1997, nach zehn Jahren, ins Banat, Rumänien, reist,
wo er fast vier Jahrzehnte gelebt hatte. Bis dahin hatte er sich immer
wieder vorgestellt, wie es sein würde, wenn er mal nach Rumänien fährt,
sein Vorhaben aber stets an Bedingungen geknüpft, nach dem Muster:
Wenn..., dann ja. Mit Antritt der Reise ist dieser Teufelskreis
durchbrochen, und er hofft mit sich ins reine zu kommen, mit seinen
Erinnerungen, die er all die Jahre verdrängt hatte.
Nach Verlust seines Arbeitsplatzes und dem Streit mit
seiner Frau zieht er kopfüber von zu Hause aus, weiß anfangs nicht
wohin, entscheidet sich schließlich für eine Pension in der Pfalz. Diese
Gegend kennt er aus dem Roman eines Schriftstellerkollegen, der sie für
Aussteiger empfiehlt. Sein Versuch, hier einen Roman über das Land seiner
Herkunft und sein Leben dort zu schreiben, scheitert. |
Trotz vieler Bedenken entschließt
er sich, nach Rumänien zu fahren. Während der abenteuerlichen Busreise,
die fast 24 Stunden dauert, bietet sich ihm Gelegenheit, darüber
nachzudenken, was er unter anderen Umständen weiterhin verdrängt hätte:
sein Verhältnis zu dem Land, das er hatte verlassen müssen, sein Verhältnis
zur banatschwäbischen Bevölkerung, der er entstammt, sein Verhältnis zu
ehemaligen Schriftstellerkollegen.
Von Temeswar aus, wo ihm eine
befreundete rumänische Familie ihr Appartement zur Verfügung stellt,
reist er mit dem Zug an Orte der Erinnerung. Er besucht sein Heimatdorf,
in dem von der ursprünglichen deutschen Bevölkerung niemand mehr wohnt,
da alle nach Deutschland ausgewandert sind. Der Besuch des Friedhofs ist
Anlaß, die Geschichte des Dorfes und seiner Bewohner vor dem inneren Auge
noch einmal Revue passieren zu lassen. Eine andere Reise führt ihn zu
seiner Jugendliebe aus der Gymnasialzeit, da er nach so vielen Jahren das
Bedürfnis hat, einige Dinge mit ihr zu klären. Er unternimmt Streifzüge
durch Temeswar und entdeckt, auch anhand von Büchern, auf die er zufällig
stößt, die Geschichte der Stadt für sich neu. Mit dieser Stadt
verbinden ihn schmerzhafte Erinnerungen, aber auch die Liebesgeschichte
mit seiner Frau, die er sich noch einmal vergegenwärtigt.
Er kommt zu Einsicht, daß er
wohl ein Leben lang Migrant zwischen zwei Welten bleiben wird, daß er
dies akzeptieren muß, wenn ihm ein Neubeginn, auch als Schriftsteller,
gelingen soll.
Migrant auf
Lebzeiten, Roman
(EPIK- Sammlung) 226 Seiten, ISBN: 978-3-937139-56-2 Preis:
15,90 Euro
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